Pädagogische Geschlossenheit
Vom Einzelkämpfertum zum gemeinsamen Handeln
„Aber bei Frau Müller in Englisch dürfen wir das!“ So oder ähnlich klingt es, wenn Schülerinnen und Schüler an einer Schule die Kollegen gegeneinander ausspielen. Allzu oft begreifen sich Lehrerinnen und Lehrer als Einzelkämpfer, die sich gegenüber einer großen Gruppe von Nervensägen behaupten müssen. Doch nur durch pädagogische Geschlossenheit des Kollegiums lässt sich dieses zunehmend ungleiche Kräfteverhältnis zwischen Schüler/innen und Lehrer/innen neu ausbalancieren.
Pädagogische Geschlossenheit beinhaltet drei wesentliche Bereiche, die in dem Tagesseminar unter der Moderation und Anleitung des Kommunikations-Trainers Rudi Rhode erarbeitet und exemplarisch eingeübt werden:
1. Gemeinsames Regelwerk
In einem ersten Schritt erarbeiten und verabschieden die Teilnehmer/innen ein gemeinsames Regelwerk, das in jeder Klasse gleichermaßen gültig ist. Fünf Basisregeln sind ausreichend, um die Grundlage für einen störungsfreien Unterricht zu legen. Diese Regeln werden unter der Moderation des Trainers in Kleingruppen konkretisiert und dem Gesamtkollegium vorgestellt. Anschließend verpflichten sich die Lehrer/innen darauf, dieses Regelwerk auch gemeinsam umzusetzen.
2. Einheitliches Vorgehen
Wann und wie einem störenden Schüler die gelbe oder gar rote Karte gezeigt wird, sollte nicht von der Laune, dem Nervenkostüm oder der Tagesform der jeweiligen Lehrperson abhängig sein, sondern auf der Grundlage von berechenbaren und pädagogischen Prinzipien erfolgen. Daher werden in einem nächsten Schritt anhand von ganz konkreten Beispielen genaue Kriterien für eine deeskalative ( = Ermahnung ) oder eine konfrontative ( = gelbe oder rote Karte ) Vorgehensweise nach Unterrichts-Störungen erarbeitet. Pädagogische Geschlossenheit beinhaltet also auch ein definiertes, einheitliches und nachvollziehbares Auftreten jeder Lehrperson nach Unterrichts-Störungen.
3. Gemeinsames Handeln
Pädagogische Geschlossenheit setzt die pädagogische
Entschlossenheit aller Lehrer/innen voraus, bei schwerwiegenden
Problemen mit einzelnen Schülerinnen und Schülern gemeinsam
aufzutreten und sich gegenseitig zu unterstützen. Das bedeutet
konkret: das Kollegium einigt sich auf ein einheitliches
Vorgehen für den Fall, dass Schüler/innen den Unterricht einer
Kollegin oder eines Kollegen so massiv stören, dass die rote
Karte verhängt werden muss. Und gleichzeitig verpflichtet sich
das Kollegium darauf, im Fall einer notwendigen Konsequenz der
betreffenden Lehrer/in jede erforderliche Unterstützung zukommen
zu lassen. Die Botschaft des Kollegiums an die Schülerinnen und
Schüler muss lauten: „Wer gegen die Spielregeln massiv verstößt,
der sieht sich nicht mehr mit der einzelnen Lehrperson, sondern
mit der Institution Schule konfrontiert.“ Für diese Form der
pädagogischen Entschlossenheit werden Prinzipien und konkrete
Vorgehensweisen erarbeitet.